DIE NEUSTEN ENTWICKLUNGEN - FOLGEN DER UNWETTER IN DER SCHWEIZ: ZWEITE LEICHE IM MAGGIATAL ENTDECKT, IDENTITäT NOCH UNKLAR

    Der Schaffhauser Regierungsrat hat den Betroffenen der Unwetter in der Schweiz einen Beitrag 20 000 Franken aus dem Lotteriegewinnfonds zugesprochen. Das schreibt er am Mittwoch (3. 7.) in einer Mitteilung. So unterstütze der Regierungsrat die Stiftung Glückskette; die Hilfe solle Privatpersonen an den am stärksten betroffenen Gebieten zu Gute kommen.

    Im Maggiatal ist die Leiche einer weiteren Person gefunden worden. Das teilte die Tessiner Kantonspolizei am Mittwoch (3. 7.) mit. Wie bereits am Dienstag fand die Polizei die Leiche in Riveo im Flussbett der Maggia. Die Identität der Person ist noch ungeklärt.

    Bei den drei Frauen, die am Wochenende im Maggiatal ums Leben gekommen sind, handelt es sich um Deutsche. Dies teilte die Kantonspolizei Tessin am Dienstag (2. 7.) mit. Die Frauen stammten aus Baden-Württemberg, zwei waren 73 Jahre alt, eine 76 Jahre. Ein Sprecher sagte der Nachrichtenagentur DPA, er gehe davon aus, dass mindestens zwei der drei sich gekannt hätten. Es sei schwer zu sagen, wer in welchem Haus gewohnt habe, weil dort nach dem Erdrutsch nur noch Schuttberge zurückgeblieben seien.

    Das Schadenausmass nach den Unwettern an Gebäuden im Misox und im Calancatal beläuft sich laut einer Mitteilung der Regierung auf 8 bis 15 Millionen Franken. Bisher seien mehr als 220 Gebäudeschäden gemeldet worden, wie die Regierung am Dienstag (2. 7.) weiter mitteilt. Das Ausmass der Schäden an Grundstücken und Kulturen werde noch ermittelt. Schätzungen gehen von 100 Hektaren betroffenem Kulturland aus. Im Misox werde zudem noch immer eine Person vermisst.

    Im Wallis und im Tessin sind rund 135 Armeeangehörige aus Teilen des Katastrophenhilfe-Bereitschaftsverbandes und des Geniebataillons 6 im Einsatz. Dies teilte die Schweizer Armee an einer Pressekonferenz am Dienstag (2. 7.) mit. Im Wallis sei die Armee damit beschäftigt, Wassermassen abzupumpen und Verkehrswege freizuräumen. Im Tessin sei der Einbau einer militärischen Hilfsbrücke über die Maggia vorgesehen.

Wie ist die Situation im Wallis?

Die Behörden riefen für das Wallis am Sonntagmorgen (30. 6.) die höchste Gefahrenstufe aus. Mehr als 10 000 Blitze hatte Meteo Schweiz am Samstagabend verzeichnet, die meisten davon über dem Kanton Wallis und den Berner Alpen.

Vor allem im Oberwallis fiel viel Regen. Kleine Bergbäche brachen in den südlichen Seitentälern aus ihren Flussläufen aus und rissen Böschungen, Bäume und Felsbrocken mit sich. Mancherorts trugen sie den Schlamm und den Schutt in die Dörfer und bis in die Häuser. So zum Beispiel in Saas-Grund, im Saastal.

Auch die Rhone, in die viele der Bergbäche münden, ist an mehreren Stellen über die Ufer getreten. Etliche Brücken über den Fluss wurden gesperrt. In Siders standen ganze Quartiere unter Wasser. In Zermatt trat die Vispa nach den Unwettern Mitte Juni erneut über die Ufer.

Zwischen Brig und Sitten mussten in der Nacht auf Sonntag sowie am Sonntagmorgen Hunderte Personen evakuiert werden. In Saas-Grund wurde am Sonntag ein Mann tot in einem Hotel aufgefunden. Es handelt sich laut Polizei um einen 67-jährigen deutschen Staatsbürger, der im Untergeschoss eines Hotels persönliche Gegenstände holen wollte, als er von den Wassermassen überrascht wurde. In der Gemeinde Binn wird noch immer ein 52-jähriger Schweizer vermisst.

Das kantonale Führungsorgan hat am Montag (1. 7.) den Alarm für die Rhone und die Seitenflüsse aufgehoben. Die Bevölkerung wird jedoch weiterhin dazu aufgerufen, sich nicht in die Nähe von Flussbetten zu begeben und bei Wanderungen vorsichtig zu sein. Die Wege könnten örtlich beschädigt und das Gelände könne instabil sein, heisst es in einer Mitteilung.

Zu den Berichten über die Lage im Wallis:

Wie ist die Situation im Tessin?

Im Kanton Tessin ist es ebenfalls zu Überschwemmungen gekommen. Nach einem Erdrutsch im Maggiatal hat die Rega am Sonntag (30. 6.) zwei Tote geborgen. Später wurde eine dritte Person tot aufgefunden. Laut der Tessiner Kantonspolizei werden noch immer fünf Personen vermisst: Eine Person in Lavizzara und vier in den Gebieten von Prato-Sornico (Gemeinde Lavizzara) und Fontana. Die Suche wird laut der Kantonspolizei durch den hohen Wasserstand der Maggia erschwert. Es könne derzeit nur an der Wasseroberfläche gesucht werden. Am Anfang der Woche fand die Polizei bei Riveo im Flussbett der Maggia zwei Leichen, ob es sich dabei um die vermissten Personen handelt, ist noch unklar.

Am Samstag (29. 6.) flossen nach starken Regenfällen riesige Wassermassen durch das Maggiatal. Innert weniger Stunden schwoll die Maggia massiv an: Statt der üblichen 25 Kubikmeter Wasser führte der Fluss 2000 Kubikmeter pro Sekunde, was dem Inhalt eines Olympia-Schwimmbeckens entspricht.

Die Behörden haben die Menschen im Maggiatal dazu aufgerufen, Häuser in Flussnähe zu verlassen und in der Höhe Schutz zu suchen. Zudem solle man nicht in den Keller oder in die Tiefgarage gehen. Auch Campingplätze entlang der Maggia wurden evakuiert. Durch das Hochwasser sind mehrere Strassen blockiert. Ausserdem wurde in Cevio die für den Ort wichtige Visletto-Brücke von den Wassermassen fortgerissen. Die Schweizer Armee plant nun, eine militärische Hilfsbrücke über die Maggia einzubauen.

Auch ein paar Täler in der Nähe des Maggiatals sind nicht mehr zugänglich. Sie waren zudem vorübergehend von der Stromversorgung abgeschnitten und hatten kein Mobilfunknetz. Wie der Schweizer Katastrophen-Warndienst Alertswiss mitteilte, sind zudem Teile des Tessins von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten.

Die neusten Berichte zur Lage im Tessin

Wie ist die Lage im Kanton Graubünden?

In Graubünden wird nach Überschwemmungen und einem Erdrutsch weiterhin eine Person vermisst. Insgesamt wurden am Samstagmorgen (22. 6.) vier Vermisste gemeldet. Die Leichen eines Mannes und einer Frau wurden seitdem geborgen. Eine verschüttete Frau wurde am Samstag aus einem Schuttkegel im Misox gerettet und nach Lugano ins Spital gebracht, wie die Behörden am Wochenende an einer Pressekonferenz bekanntgaben.

Infolge eines Bergsturzes war es am Freitagabend (21. 6.) wegen massiver Gewitter und Niederschläge zu einer Hochwasserlage gekommen. Flüsse sind über die Ufer getreten und Strassen überflutet worden. Mehrere Dutzend Einwohner mussten aus ihren Häusern evakuiert werden. Besonders betroffen ist das Misoxtal südlich des San-Bernardino-Passes.

Wie steht es um die Strassen und Schienen?

Zahlreiche Verkehrsstrassen wurden am Wochenende gesperrt. Ein Teil der Autobahn 9 bei Siders im Wallis wurde am Sonntag (30. 6.) geschlossen. Sie soll ab Dienstag (2. 7.) mit Ausnahme einer Ausfahrt wieder vollständig in Betrieb genommen werden. Auch die Bahnstrecke Lausanne–Brig ist zwischen Leuk und Gampel-Steg unterbrochen. Der Unterbruch dauert laut SBB voraussichtlich bis am Donnerstag (4. 7.).

Die Simplon-Route ist nicht mehr befahrbar. Aufgrund der starken Niederschläge kam es am Samstagnachmittag (29. 6.) zu einem Murgang auf der Höhe Galerie Engi. Die Strasse zwischen Ried-Brig und Simplonpass ist gesperrt. Der betroffene Bereich sei seit einigen Wochen gefährdet gewesen, teilte das Bundesamt für Strassen (Astra) mit. Mit einer Wiedereröffnung ist Ende Woche zu rechnen.

Auch die Nufenenpassstrasse zwischen dem Oberwallis und dem Tessin ist durch einen Erdrutsch unterbrochen worden. Die Furka-Bergstrecke wurde oberhalb von Oberwald verschüttet. Ausser dem Furkapass sind aus Sicherheitsgründen auch der Grimsel-, der Gotthard- und der Lukmanierpass gesperrt.

In Graubünden wurde die Autobahn 13 schon eine Woche zuvor für den Verkehr gesperrt. Nach den Unwettern im Misoxtal wurde die Strasse auf einer Länge von 200 Metern fortgespült. Laut dem Bundesamt für Strassen Astra soll die A 13 am 5. Juli so weit sein. Bedingung dafür sind laut Astra ein weiterhin reibungsloser Bauablauf sowie stabile Witterungsverhältnisse. Laut der Bündner Regierung wird auch die Kantonsstrasse bis Mesocco für den Verkehr freigegeben. Zwischen Mesocco und Grono bleibe die Kantonsstrasse für den Transitverkehr gesperrt.

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