WIE DIE SCHWEIZ HILFT, IHR BILDUNGSSYSTEM ZU EXPORTIEREN

Viele Länder orientieren sich beim Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit am Berufsbildungssystem der Schweiz. Doch ein Transfer stellt hohe Anforderungen.

In vielen Ländern bleibt die hohe Jugendarbeitslosigkeit eine langfristige Herausforderung. Das ist mit ein Grund für das hohe internationale Interesse an der Schweizer Berufsbildung. Die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovationskapazität eines Landes gelten zunehmend als abhängig von einem Bildungssystem, das nicht nur auf akademische Bildungswege setzt, sondern sich auch durch eine starke Berufsbildung mit hohem Praxisbezug auszeichnet. Es besteht der Druck, nationale Bildungssysteme so zu reformieren, dass die vermittelten Kompetenzen besser mit den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts übereinstimmen.

Langjährige Erfahrungen zeigen, dass eine Berufsbildungsinitiative in einem Land nicht unilateral und top-down angestossen werden kann, wenn wesentliche Grundlagen und Rahmenbedingungen noch nicht vorhanden sind, die den Erfolg der Berufsbildung in der Schweiz ausmachen. Neben ökonomischen und juristischen Aspekten ist dabei auch soziokulturellen Aspekten Rechnung zu tragen.

Wirtschaft muss mitziehen

Entscheidend ist, dass die Wirtschaft, mindestens eine Branche, solche Initiativen mitträgt, wenn nicht sogar anführt. Nur damit können die von der Arbeitswelt geforderten Kompetenzen in die Bildungspläne aufgenommen und in der Praxis trainiert werden. Diese Zusammenarbeit lässt sich nicht verordnen. Es braucht eine Kooperation zwischen Staat und Wirtschaft, die auf gegenseitigem Vertrauen beruht.

Diese enge Partnerschaft zwischen den Organisationen der Arbeitswelt als Vertreterinnen der Wirtschaft einerseits und den Kantonen und dem Bund andererseits ist in der Schweiz als sogenannte Verbundpartnerschaft der Berufsbildung historisch gewachsen. Die Organisationen der Arbeitswelt gestalten die Berufsbildung in ihrer Branche entscheidend mit, so entstehen Ownership und die Bereitschaft, dauerhaft zur Umsetzung beizutragen.

Die Durchlässigkeit des Schweizer Bildungssystems, die Gleichwertigkeit der Berufsbildung und der allgemeinbildenden Bildungswege sind zentrale bildungspolitische Maximen, die den Wert des Modells hervorheben. Das hoch qualifizierte Berufsbildungs­personal, die Handlungskompetenz­orientierung und eine innovative Pädagogik und Didaktik prägen den Erfolg in der Umsetzung.

Nun lassen sich alle diese Merkmale nicht einfach als Fertigprodukt exportieren. Sie müssen klar priorisiert und Schritt für Schritt aufgebaut werden, mit hohem, nachhaltigem Engagement aller Akteure. Das braucht Zeit. Wenn ein Land sein Berufsbildungssystem verbessern will, kann das Schweizer Modell als Inspiration dienen. Wir können dieses Land gestützt auf unsere Erfahrung und unser Know-how auch bei der Entwicklung konkreter Schritte unterstützen.

Insbesondere mit europäischen Ländern und Institutionen wie zum Beispiel der Europäischen Kommission oder dem Europäischen Zentrum für die Förderung der Berufsbildung «Cedefop» besteht eine Zusammenarbeit. Auch im Rahmen des Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedsstaaten unterstützt die Schweiz die Entwicklung der Berufsbildung in Europa.

Grenzüberschreitender Erfahrungsaustausch

Für die Schweiz steht in der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit im Vordergrund, die Weltoffenheit der Schweizer Berufsbildung zu fördern und den grenzüberschreitenden Wissens- und Erfahrungsaustausch zu ermöglichen. Mehr als 250 internationalen Delegationen konnte die Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung EHB seit 2015 einen Einblick in das Schweizer Berufsbildungssystem geben. Die EHB unterstützt den Bund auch darin, interessierten Ländern konkrete Ansätze aufzuzeigen.

Wichtige Erfolgselemente lassen sich dabei durchaus in einen anderen lokalen Kontext transferieren. In der Slowakei und in Bulgarien zum Beispiel wurden Lehrpersonen gemäss dem Modell der Situationsdidaktik ausgebildet und Bildungspläne für ausgewählte Berufe zusammen mit der Wirtschaft entwickelt. In Singapur bildet die EHB seit 2017 in Zusammenarbeit mit einer Hochschule Lehrpersonen für die Berufsbildung pädagogisch aus. Inspiration kann in solchen Beispielen tatsächlich Realität werden.

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