«DIE FRIEDENSMISSION GEHT WEITER»: ORBAN BESUCHT PUTIN IN MOSKAU UND SORGT DAMIT FüR BREITE EMPöRUNG

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban ist am Freitag im Kreml mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammengetroffen, um über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Die Friedensmission gehe weiter, schrieb der Regierungschef auf X. Moskau sei die zweite Station. Am Dienstag war er erstmals seit der russischen Grossinvasion nach Kiew und zum ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski gereist.

Ungarn hat seit Montag die alle sechs Monate rotierende EU-Rats-Präsidentschaft inne. Der Besuch in der Ukraine war als Signal gewertet worden, dass Orban tatsächlich die Rolle eines «ehrlichen Maklers» einnehmen könnte, die vom Vorsitzland erwartet wird. Der Regierungschef hatte in den vergangenen zwei Jahren äusserst kremltreu agiert, Hilfe an Kiew mit seinem Veto verzögert und immer wieder Sanktionen verwässert. An der Seite Selenskis plädierte Orban für eine Waffenruhe, um Friedensverhandlungen zu ermöglichen.

Umso vehementer war nun die Kritik aus den anderen europäischen Hauptstädten an der Reise nach Moskau, über die offenbar Brüssel und die anderen Staaten nicht vorab informiert worden waren. Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, erklärte, dass nur Einigkeit und Entschlossenheit innerhalb der EU den Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine ebnen würden. «Appeasement wird Putin nicht aufhalten.»

Der Ratspräsident Charles Michel und der Aussenbeauftragte Josep Borrell betonten darüber hinaus, dass Orban kein Mandat für eine Vermittlungsrolle habe und deshalb nicht im Namen der EU agiere. Ähnlich äusserte sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Position der EU sei klar: Man verurteile die russische Aggression, und die Ukraine könne sich auf die europäische Unterstützung verlassen.

Die EU-Position zum Krieg Russlands gegen die Ukraine spiegle sich in zahlreichen Schlussfolgerungen des Europäischen Rates wider und schliesse offizielle Kontakte zwischen der EU und Russlands Präsident Wladimir Putin aus, stellte Borrell klar. Er erinnerte zudem daran, dass Putin vom Internationalen Strafgerichtshof angeklagt und gegen ihn ein Haftbefehl erlassen wurde.

Auch das ukrainische Aussenministerium teilte mit, Orbans Besuch sei nicht mit Kiew abgesprochen gewesen. Es rief die Staatengemeinschaft auf, keine Gespräche über die Ukraine ohne das Beisein Kiews zu führen.

Dennoch unterstrichen sowohl Orban wie Putin bei ihrem gemeinsamen Auftritt provokativ die besondere Rolle, die Ungarn derzeit mit dem Ratsvorsitz einnehme. Der ungarische Regierungschef erinnerte wieder einmal daran, wie oft man sich schon bilateral getroffen habe in den vergangenen Jahren – vierzehn Mal seit 2009. Dieser Besuch sei aber wegen der Ratspräsidentschaft besonders. Ungarn werde langsam zum letzten europäischen Land, das sowohl mit Russland als auch mit der Ukraine sprechen könne. «Und ich möchte diese Gelegenheit nutzen», sagte Orban. Putin erklärte sich bereit, über die «Nuancen» der Vorschläge zur Beendigung des Krieges zu sprechen.

Vor einem Monat hatte der Präsident gesagt, dass Russland den Krieg nur dann beenden würde, wenn Kiew seine Nato-Ambitionen aufgeben und vier von Moskau beanspruchte Provinzen vollständig abtreten würde. Kiew wies diese Forderungen als gleichbedeutend mit einer Kapitulation zurück.

Orban war als letzter hochrangiger Vertreter eines EU-Landes auch nach Kriegsbeginn noch in Moskau. Er nahm im September 2022 an der Beerdigung des früheren sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow teil. Zuletzt traf er Putin zudem im vergangenen Herbst bei einem Gipfel zum Seidenstrassen-Projekt Chinas in Peking. Andere europäische Staats- oder Regierungschefs nahmen daran nicht teil.

Der einzige andere westliche Spitzenpolitiker, der seit dem Angriffskrieg nach Moskau gereist war, war im April 2022 der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer. Er hatte die EU im Vorfeld über den Besuch informiert, dieser war aber dennoch umstritten. Ergebnisse brachte er keine.

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