IM UKRAINE-KRIEG KöNNTE ES ZU EINEM KRäFTEMESSEN DER BEIDEN KOREA KOMMEN

Bisher hat die aufstrebende Waffenexportnation Südkorea nur Helme, Schutzwesten oder Minenräumgerät an die Ukraine geliefert. Der Ausbau der Waffenbrüderschaft zwischen Nordkorea und Russland zu einer Militärallianz auf dem nordkoreanisch-russischen Gipfeltreffen von Mitte Juni bringt diese Selbstbeschränkung aber ins Wanken.

Der Sicherheitsberater der südkoreanischen Regierung, Chang Ho Jin, kündigte kürzlich an, Seoul werde seine Politik gegenüber der Ukraine überdenken. «Wenn Russland Nordkorea mit fortschrittlichen Präzisionswaffen beliefern würde, hätten wir keinen Grund mehr, uns an irgendwelche Beschränkungen zu halten», sagte er.

Eine Reaktion von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg unterstrich die Bedeutung eines Kurswechsels in Seoul für die Schlachtfelder in der Ukraine. Er würde derartige Lieferungen begrüssen, erklärte er mehrfach in Interviews. Südkorea habe eine fortschrittliche Verteidigungsindustrie, so Stoltenberg.

Sollte Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol sich für einen Kurswechsel entscheiden, würde die Ukraine zum Schauplatz einer innerkoreanischen Waffenschau. Bis anhin liefert nur das verfeindete Nordkorea Artilleriemunition, Kurzstreckenraketen und Waffen für Russlands Angriffskrieg. Südkorea verzichtete auf Waffenexporte, um Russland keinen Grund für stärkere Militärhilfe an Nordkorea zu liefern.

Die Regierung in Seoul unterstützt die von Amerika angeführte Koalition gegen Russland bis jetzt nur indirekt. Laut Sicherheitsexperten versorgen die Südkoreaner die USA mit Munition. Dadurch sollen Engpässe überbrückt werden, die entstanden sind, weil Washington grosse Mengen in die Ukraine schickt. Südkorea will nicht, dass die USA ihrem ostasiatischen Alliierten im Falle eines Kriegs auf der koreanischen Halbinsel wegen leerer Lager nicht beistehen könnten.

Der Putin-Kim-Gipfel verstärkt Südkoreas Bedrohungsgefühl

Die engere Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea könnte nun Südkoreas Regierung eine Begründung für einen Kurswechsel liefern. Allein die Nordkorea-Reise von Russlands Staatschef Wladimir Putin am 19. Juni unterstrich, dass die Spannungen sowohl an Russlands westlicher wie östlicher Grenze wachsen.

Bis heute ist unbekannt, ob Putin Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un neben Lieferungen von Energie, Lebensmitteln und Know-how für Weltraumraketen- und Satellitenstarts auch Rüstungsgüter in Aussicht gestellt hat.

Sicher ist indes, dass Nordkorea und Russland einen militärischen Beistandspakt geschlossen haben. Russland erklärte Südkoreas Regierung zwar, dass sich das Bündnis nicht gegen den Süden richte, sondern nur im Verteidigungsfall greife. Aber das Misstrauen in Seoul sitzt tief.

Warum die Welt Südkoreas Waffen bestellt

Allein 2023 verkaufte der Süden Kriegsgerät für fast 14 Milliarden Dollar, Tendenz steigend. Allerdings reicht die Nachfrage des eigenen Militärs nicht aus, um eine schlagkräftige Verteidigungsindustrie zu unterhalten. Die wachsenden Spannungen zwischen China und den USA und erst recht der Ukraine-Krieg haben derweil viele Märkte geöffnet.

Neben Polen und den USA haben unter anderen Australien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudiarabien grosse Rüstungsgeschäfte mit Seoul abgeschlossen. Südkorea mag zwar technologisch kein Spitzenreiter sein. Aber der frühere Generalleutnant des Landes Chun In Bum erklärt: «Unsere Stärken bestehen darin, dass wir schnell liefern können und bereit sind, in Koproduktion zu fertigen.»

Die ersten Panzer für Polen hat der Hersteller Hyundai Rotem noch exportiert. Aber das Gros wollen die Partner vor Ort produzieren. Chun warnt zwar vor einem möglichen Technologieabfluss. Aber er sieht auch einen strategischen Vorteil für Südkorea. «Die in Polen hergestellten Ersatzteile könnten im Falle eines Kriegs auf der koreanischen Halbinsel nützlich sein, um uns zu helfen.»

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