HERR GOMEZ, KANN MAN BEI IHNEN EINEN BACHELOR KAUFEN?

Private Schulen und Hochschulen sind vielen von uns suspekt. Weshalb? José Gomez, Rektor der privaten Fachhochschule Kalaidos, liefert eine Erklärung. Und verrät, warum das Businessmodell seiner Hochschule trotz sehr hoher Studiengebühren für beide Seiten aufgeht.

An der privaten Kalaidos Fachhochschule (FH) in Zürich geben Studierende dutzende tausend Franken aus für ein Bachelor-Studium, das an einer öffentlichen FH einen Bruchteil kostet. Gemäss Rektor José Gomez lohnt sich dieser Weg dennoch, auch finanziell. Er war bereits in leitenden Funktionen an Hochschulen jedes Typs (siehe Box). Private Bildung leidet seiner Ansicht nach in der Schweiz zu Unrecht unter einem schlechten Image.

Herr Gomez, wer ist bereit, fast 1000 Franken pro Monat für einen Bachelor in Business Administration auszugeben, wenn es an einer öffentlichen Fachhochschule denselben Studiengang für 720 Franken pro Semester gibt?

José Gomez: Mit dem Bachelor in Business Administration sprechen Sie die Ausbildung an. In der Weiterbildung* sind wir ja nicht teurer als die öffentlichen Hochschulen. Aktuell sind es mehr als 1500 Studierende, die bei uns eine Ausbildung absolvieren. Daraus schliesse ich, dass wir einiges besonders gut machen.

Zur Person

José Gomez hat an der Universität St.Gallen Wirtschaft und Wirtschaftspädagogik studiert. Sein Doktorat erwarb er «mit höchster Auszeichnung». Er war als Dozent und in verschiedenen Leitungsfunktionen an der FHS St.Gallen (heute OST) tätig, danach als Prorektor an der PH St.Gallen sowie zuletzt als Akademischer Leiter Lehrentwicklung, Prorektorat Studium & Lehre an der Universität St.Gallen. Seit Anfang 2024 ist er Gesamtrektor und CEO der Kalaidos Fachhochschule.

Was wäre das?

Unsere Studiengänge sind ausschliesslich berufsbegleitend. Was unsere Studierenden dabei besonders schätzen, sind die flexibel und ihren Bedürfnissen entsprechend aufgebauten Studiengänge sowie die Qualität unserer Dozierenden – diese verfügen über eine hohe Praxiserfahrung und -vernetzung.

Aber auch andere Fachhochschulen bieten ein Teilzeitstudium an, bei dem man daneben arbeiten kann.

Das stimmt. Wir sind aber darauf ausgerichtet, dass Studierende neben dem Studium mit einem hohen Prozentsatz arbeiten können. Dieser Praxiskontext ist bei uns sogar Voraussetzung.

Wir bieten Studiengänge in Präsenz, Teilpräsenz oder auch im Fernstudium an. Die Studiengänge sind sehr flexibel und modular aufgebaut und bieten eine grosse Auswahl an Vertiefungsrichtungen. Auch bei den Prüfungsterminen sind wir flexibel. In der Ausbildung gibt es zudem sechs Starttermine in die Studiengänge pro Jahr, bei den meisten anderen Hochschulen sind es zwei.

«Wir sind darauf ausgerichtet, dass Studierende neben dem Studium mit einem hohen Prozentsatz arbeiten können.»

- José Gomez -

Trotzdem dieser Preis. Da denke ich: Dieser Bachelor ist doch käuflich!

Fragen Sie unsere Studierenden, ob sie das so empfinden. Dann werden Sie feststellen, dass diese Behauptung jeder Grundlage entbehrt. Unsere Studierenden müssen denselben Stoff wie an jeder anderen FH neben einem Vollzeitjob unter einen Hut bringen. Das ist kein Spaziergang.

Zudem sind wir institutionell akkreditiert und damit nach denselben Kriterien und Qualitätsstandards wie jede öffentliche Fachhochschule anerkannt. Unter anderem müssen wir auch dieselben Zulassungskriterien erfüllen, die regelmässig überprüft werden. Unsere Preise rechtfertigen sich durch die hohen Kosten für die Sicherstellung der geforderten Qualität und dadurch, dass wir keine staatlichen Subventionen erhalten.

Unsere Studierenden sind bereit, die höheren Preise zu bezahlen, weil sie bereits voll im Berufsleben stehen, im Vergleich zu anderen Studierenden älter sind und deshalb wissen, was sie wollen. Darüber hinaus machen sie für sich eine simple finanzielle Rechnung, mit der sie am Ende in der Regel sogar besser dastehen als mit einem Vollzeitstudium.

Bitte erklären Sie.

Durch ihre Berufstätigkeit können die Studierenden die höheren Studienkosten finanzieren. Vor allem aber bleiben sie in dieser Zeit in der Arbeitswelt und haben keinen Karriereunterbruch. Nach dem Abschluss winkt in der Regel ein Karrieresprung. Auf das Lebenseinkommen bezogen wie auch karrieretechnisch steht man mit diesem Weg besser da als mit dem Vollzeitstudium. Dafür bedeutet er vier intensive Jahre mit Doppelbelastung.

Dennoch gelten private Schulen und Hochschulen in der Schweiz nach wie vor als elitär und haben einen weniger guten Ruf.

Sie sagen richtig: in der Schweiz. Bei uns hat die «öffentliche Schule» einen hohen Stellenwert. Wir werden im öffentlichen Schulsystem sozialisiert. In anderen Ländern ist das anders. Eine sachliche Begründung für den schlechteren Ruf privater Hochschulen gibt es meines Erachtens nicht. Es gibt sowohl unter den privaten als auch unter den öffentlichen Hochschulen bessere und schlechtere.

«Eine sachliche Begründung für den schlechteren Ruf privater Hochschulen gibt es meines Erachtens nicht.»

- José Gomez -

Durch die private Trägerschaft der Kalaidos erhalten Sie keine Steuergelder, sind dafür aber auch unabhängig. Ein Vorteil?

Das ist tatsächlich so. Ich habe mich in beiden Systemen bewegt. Was ich hier sehr schätze, ist die Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme. Wir können Entscheidungen näher an den Bedürfnissen unserer Studierenden und schneller treffen. Das ist in einer sich schnell wandelnden Gesellschaft ein grosser Vorteil. Politische Entscheidungsprozesse sind schwerfällig und träge.

Sie kennen alle drei Typen, also universitäre Hochschulen (UH), FH und PH von innen. Gerade der Unterschied zwischen den UH und FH ist nicht immer klar. Beide bieten Studiengänge in denselben Fachrichtungen, beispielsweise Wirtschaft, an.

Die UH sind wissenschaftlicher und deutlich internationaler ausgerichtet und auch verstärkt der internationalen Konkurrenz ausgesetzt. Sie sind grösser und dezentraler organisiert. PH sind stark von kantonalen Gegebenheiten und der kantonalen Politik geprägt, da sie nur kantonale Mittel erhalten. Charakteristisch bei den Fachhochschulen ist ihre starke Ausrichtung an der praktischen Berufswelt, auch sind Kooperationen an der Schnittstelle von Hochschulbildung und höherer Berufsbildung hier häufig und auch erwünscht.

Was halten Sie vom Vorwurf, die FH würden sich den Unis zu sehr annähern?

So formuliert, halte ich davon wenig. In gewissen Bereichen mag das zutreffen. Seit der Einführung von Bologna beobachte ich aber auch das Gegenteil: Die universitären Studiengänge – insbesondere Bachelor-Studiengänge – haben sich stark auf die Praxis und den Arbeitsmarkt ausgerichtet und sich in Richtung jener von Fachhochschulen entwickelt. Teilweise unterscheiden sich diese Studiengänge kaum noch. Die Annäherung erfolgt von beiden Seiten.

Was müsste gemacht werden, um die Hochschulen wieder mehr gemäss ihrem Auftrag auszurichten?

FH und UH müssten sich wieder stärken darauf besinnen, wer sie sind und für wen sie da sind. In Bezug auf das Personal der FH hat in den vergangenen Jahren eine zum Teil notwendige, aber starke Akademisierung stattgefunden. Heisst: FH-Dozierende benötigen heute einen akademischen Hintergrund, der in der Regel an einer Universität erworben wird. Dies prägt wiederum die Lehre und Forschung an der Fachhochschule.

Nun muss eine Balance gefunden werden. Wichtig sind daher Massnahmen zur Förderung des doppelten Kompetenzprofils, damit Dozierende wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschungsergebnisse anwendungsorientiert vermitteln können.

*Die Weiterbildung ist in der Schweiz überwiegend marktwirtschaftlich organisiert und wird grundsätzlich nicht staatlich subventioniert.

Einzige private FH

Die Kalaidos Fachhochschule ist unter den neun institutionell akkreditierten Fachhochschulen der Schweiz die einzige mit privater Trägerschaft. Sie gliedert sich in die fünf Fachbereiche Wirtschaft, Recht, Angewandte Psychologie, Musik und Gesundheit und ist Teil der Kalaidos Bildungsgruppe, die seit 2019 zur Deutschen Klett Gruppe gehört. Von den gut 3800 Studierenden sind 1500 für eine Ausbildung (Bachelor und Master) eingeschrieben. 2300 besuchen eine Weiterbildung (z. B. CAS, DAS oder MAS).

Contentpartnerschaft mit fhnews.ch

Die Beiträge dieses Blogs werden nicht von watson verfasst, sondern stammen von der Plattform fhnews.ch (betrieben vom Dachverband FH Schweiz).

Darin geht es um Themen rund um die Arbeitswelt sowie Aus- und Weiterbildung.

Warum Rektor und nicht Manager? Ein Gespräch dazu mit José Gomez findest du hier.

Es handelt sich nicht um bezahlten Inhalt.

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